Machtspässe : Arabische Novellen by Paul Scheerbart

Machtspässe : Arabische Novellen by Paul Scheerbart

Autor:Paul Scheerbart [Scheerbart, Paul]
Die sprache: eng
Format: epub
Tags: Gelesen, Erzählungen
ISBN: 3921499496
Herausgeber: Renner
veröffentlicht: 1980-12-31T23:00:00+00:00


Und Jussuf sagt:

»Ah! Das ist ein vorzüglicher Scherbet! In der Heimat des großen Dichters Abu Nuwas – in Bagdad – ja, da hab ich auch mal Eiswein getrunken, der schmeckte so ähnlich. Es waren armenische Tänzerinnen dabei. Wir saßen auf einer Terrasse am Tigris, und Pechfackeln flackerten unheimlich vor den Jasminlauben. Die armenischen Mädchen waren sehr schön, und wie wir beim Morgengrauen fortgingen, waren meine Taschen leer – so leer wie ein Kirchhof im Mondschein.«

Aischa hustete, Tränen standen in ihren Augen. Die lange Barke fuhr an bunten Holzkiosken, an erleuchteten Villen und an großen Steintreppen vorüber. Harfenklang tönte aus den Laubgängen am Ufer heraus, Lichter blinkten durch die Pappeln, und schlanke Palmen ragten in den Sternhimmel hinein. Rosen dufteten, Enten flogen auf, und die Riemen der nubischen Sklaven verwüsteten das Uferschilf. Dann aber fuhr der Kahn wieder in die Mitte des Stroms hinein. Und Jussuf dachte an Bagdad – und er mußte lächeln. Ihm gings in Bagdad so schlecht, daß er sich nur selten am Tage in den belebten Straßen blicken lassen durfte, und sein Kleid war so zerrissen, Bart und Haar so struppig, daß einmal eine Schar Kinder schreiend vor ihm auseinanderstob und johlend davonrannte, als wär’ er ein Spukgeist vom Demawand.

Die Erinnerung an den Demawand, einen Berg im nördlichen Persien, auf dem alle Geister des Orients nach dem Glauben des Volkes zusammenzukommen pflegten, rüttelte den Jussuf wieder aus seinen Träumen auf, denn er hatte sich, als er mal in der Nähe jenes Berges in einer Herberge einkehrte, durch ein langes Stück weißer Leinwand gräßlich erschrecken lassen – und dieser Schreck fuhr ihm jetzt abermals durch die Glieder. Aischa sah ihn mit ihren Tränen im Auge an, und Jussuf fühlte plötzlich, daß ihn Aischa wieder liebe wie einst – wie einst vor sieben Jahren.

»Warum bist du eigentlich nach Kordova zurückgekommen?« fragte die Aischa.

»Hm«, entgegnet Jussuf; er will sagen, wie’s auch wahr ist, daß Ibn Salimba das veranlaßt habe, doch er besinnt sich und denkt, das könne die Rothaarige kränken, die wohl sicher glaube, daß er nur ihretwegen zurückgekommen sei. Deshalb meint er: »Ich weiß nicht.« Eifrig erzählt er dann von Persien und Indien, von Samarkand und Edelsteinen, von Elefanten und Königspalästen, von Bajaderen und Priestern, von Buddha und Mahomet, von jüdischen Weinhändlern und persischen Derwischen, vom Ganges und vom indischen Weltmeer.

Jedoch Aischa schaut mit glühenden Augen in den Qued el Kebir, dann unterbricht sie den Freund und behauptet zaghaft: »Aber die Welt ist hier doch auch so schön, warum willst Du denn immer die ferne Fremde preisen, ist Dir die Heimat garnichts mehr?«

»Ich sollte Dir doch von der ›Welt‹ erzählen«, versetzt Jussuf, und die Rothaarige erwidert schnell: »Kordova liegt doch auch in der Welt!«

»Ja! Ja!« sagt der Geograph gelangweilt, »aber für mich ist die Welt immer da draußen – dort im Osten – da hinter dem Steuerruder. O die Welt ist so groß, daß man über ihr Alles vergißt, Alles.«

»Auch die Stunden, die man im Arme der Liebe verträumt?«

Also fragt die Aischa, und ihr Freund kraut sich hinter den



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.